Catch & Release aus der Sicht von Naturschutzorganisationen in Deutschland

Catch & Release aus der Sicht von Naturschutzorganisationen in Deutschland

1. Einleitung: Was bedeutet Catch & Release?

Catch & Release, zu Deutsch „Fangen und Freilassen“, beschreibt eine Angelpraxis, bei der gefangene Fische nicht entnommen, sondern nach dem Fang wieder zurück ins Gewässer gesetzt werden. Ursprünglich stammt dieses Konzept aus dem angelsächsischen Raum und hat in den letzten Jahren auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Während einige Angler diese Methode als Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Fischbeständen sehen, stehen Naturschutzorganisationen sowie Teile der Gesellschaft dem Thema kritisch gegenüber.

Rechtlich gesehen ist die Situation in Deutschland komplex: Das Tierschutzgesetz fordert, dass Tiere nicht ohne vernünftigen Grund getötet oder ihnen unnötige Schmerzen zugefügt werden dürfen. In vielen Bundesländern ist das gezielte Angeln auf Fische mit dem alleinigen Ziel des Zurücksetzens daher umstritten oder sogar verboten. Dennoch gibt es Ausnahmen und Grauzonen, was zu intensiven gesellschaftlichen Diskussionen führt. Besonders Naturschutzverbände hinterfragen, ob Catch & Release tatsächlich einen Beitrag zum Artenschutz leistet oder vielmehr ein ethisches Problem darstellt. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Debatte um das Fangen und Freilassen von Fischen – ein Thema, das zunehmend die Aufmerksamkeit sowohl von Anglern als auch von Umweltschützern auf sich zieht.

2. Naturschutzorganisationen in Deutschland: Ziele und Schwerpunkte

In Deutschland spielen Naturschutzorganisationen eine zentrale Rolle beim Schutz der Gewässer und ihrer Bewohner. Besonders im Fokus stehen dabei der nachhaltige Umgang mit Fischbeständen sowie das Tierwohl. Die wichtigsten deutschen Verbände – darunter NABU (Naturschutzbund Deutschland), BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) und WWF Deutschland – vertreten unterschiedliche, aber oft ähnliche Grundsätze im Bereich Fischschutz und Tierschutz. Im Folgenden ein Überblick über ihre Ziele und Schwerpunkte:

Organisation Ziele im Fischschutz Grundsätze zum Tierwohl
NABU Erhalt naturnaher Gewässer, Förderung ökologischer Fischerei, Schutz bedrohter Arten Vermeidung unnötigen Leidens, Ablehnung von Praktiken wie Catch & Release bei empfindlichen Arten
BUND Renaturierung von Flüssen, Reduzierung von Schadstoffeinträgen, Stärkung heimischer Populationen Einsatz für artgerechte Behandlung, Betonung auf nachhaltige Nutzung und Respekt vor Lebewesen
WWF Deutschland Schutz von Wanderfischen wie Lachs und Aal, Bekämpfung illegaler Fischerei, internationale Projekte Unterstützung wissenschaftlich fundierter Methoden zur Minimierung von Stress und Verletzungen bei Fischen

Alle drei Organisationen setzen sich klar für den Erhalt der Biodiversität in deutschen Gewässern ein. Sie betonen die Notwendigkeit, Fischbestände nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht zu betrachten, sondern auch ökologische Zusammenhänge und das Tierwohl zu berücksichtigen. Besonders das Thema Catch & Release wird kontrovers diskutiert: Während einige Naturschutzverbände ein differenziertes Vorgehen fordern – etwa abhängig von Artenschutzstatus oder dem Zustand des Bestands –, gibt es auch klare Positionen gegen das gezielte Zurücksetzen von Fischen rein aus sportlichen Gründen.

Positionen der Naturschutzorganisationen zu Catch & Release

3. Positionen der Naturschutzorganisationen zu Catch & Release

Die Haltung deutscher Naturschutzorganisationen zum Thema Catch & Release ist differenziert und wird von mehreren Faktoren geprägt. Im Mittelpunkt der offiziellen Stellungnahmen steht häufig der Tierschutzgedanke: Viele Organisationen, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) oder die Deutsche Umwelthilfe, betonen, dass das gezielte Fangen und anschließende Zurücksetzen von Fischen mit unnötigem Stress und potenziellen Verletzungen für die Tiere verbunden sein kann. Aus Sicht des Tierschutzes steht somit zur Debatte, ob das Angeln ohne die Absicht der Verwertung ethisch vertretbar ist.

Unter dem ökologischen Gesichtspunkt erkennen viele Organisationen an, dass Catch & Release in bestimmten Situationen – etwa bei bedrohten Fischarten oder im Rahmen von Besatzmaßnahmen – einen Beitrag zum Erhalt der Fischbestände leisten kann. Dennoch wird darauf hingewiesen, dass ökologische Eingriffe möglichst gering gehalten werden sollten und das Wohl der Tiere stets im Vordergrund stehen muss. Besonders kritisch sehen sie Praktiken, bei denen Fische nur aus sportlichen Gründen gefangen werden.

Hinsichtlich Nachhaltigkeit argumentieren einige Verbände, darunter auch der NABU, dass nachhaltige Fischerei nicht allein durch das Zurücksetzen gefangener Fische erreicht wird. Vielmehr sei ein umfassender Schutz der Lebensräume, die Reduktion von Umweltbelastungen sowie eine verantwortungsvolle Regulierung der Angelfischerei notwendig, um langfristig stabile Fischpopulationen zu sichern.

In ihren Empfehlungen fordern die meisten deutschen Naturschutzorganisationen daher strenge Regularien für das Angeln mit Catch & Release. Sie plädieren für eine klare Unterscheidung zwischen notwendigen Schutzmaßnahmen und Freizeitaktivitäten und sprechen sich dafür aus, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Die Abwägung zwischen Tierschutz, ökologischer Verantwortung und nachhaltiger Nutzung bleibt dabei zentraler Bestandteil ihrer Argumentation.

4. Argumente gegen Catch & Release aus Naturschutzsicht

Naturschutzorganisationen in Deutschland bringen zahlreiche Bedenken gegen das Prinzip des Catch & Release vor. Eine detaillierte Betrachtung der tierschutzrechtlichen und ökologischen Aspekte zeigt, dass das gezielte Zurücksetzen von Fischen mit erheblichen Risiken für die Tiere und das Ökosystem verbunden ist.

Tierschutzrechtliche Einwände: Stress und Verletzungsgefahr

Das deutsche Tierschutzgesetz stellt klar, dass keinem Tier ohne vernünftigen Grund Leid, Schmerzen oder Schäden zugefügt werden dürfen. Beim Catch & Release werden Fische jedoch bewusst gefangen, was mit erheblichem Stress und potentiellen Verletzungen verbunden ist. Das Hakenlösen, der Kontakt mit trockenen Händen oder ungeeigneten Unterlagen sowie die erneute Freilassung führen häufig zu physischen Schäden – auch wenn diese nicht immer sofort erkennbar sind.

Risiko Auswirkung auf den Fisch
Stress durch Fangvorgang Schockreaktionen, erhöhte Sterblichkeit
Verletzungen durch Haken Mund-, Kiemen- und Augenverletzungen, Infektionen möglich
Längere Handhabung außerhalb des Wassers Schädigung der Schleimhaut, Austrocknung, Kreislaufprobleme
Wiederfreilassung in ungeeignete Bedingungen Orientierungsverlust, Prädationsrisiko steigt

Ethische Perspektive: Angeln als Freizeitvergnügen?

Kritiker betonen, dass Catch & Release oftmals dem reinen Freizeitvergnügen dient. Aus Sicht vieler Naturschutzorganisationen wie dem NABU oder BUND widerspricht dies der ethischen Verpflichtung gegenüber Tieren. Der bewusste Entzug eines Lebewesens aus seinem Lebensraum allein zum Zweck des sportlichen Erlebnisses wird als moralisch fragwürdig angesehen – insbesondere, da alternative Methoden zur Schonung der Bestände existieren.

Mögliche Folgen für die Gewässerökologie

Neben dem individuellen Leid für den einzelnen Fisch kann wiederholtes Angeln und Zurücksetzen auch ökologische Auswirkungen auf das gesamte Gewässer haben. Durch Stress und Verletzungen sinkt die Überlebensrate zurückgesetzter Tiere; verletzte oder orientierungslose Fische werden zur leichten Beute für Prädatoren. Dies kann das Gleichgewicht innerhalb des Fischbestandes beeinträchtigen. Zudem besteht die Gefahr einer Seuchenübertragung durch offene Wunden sowie einer erhöhten Belastung sensibler Arten.

Fazit aus Naturschutzsicht:

Die Argumente gegen Catch & Release basieren auf klaren tierschutzrechtlichen Regelungen, ethischen Überlegungen sowie konkreten ökologischen Risiken. Viele Organisationen fordern daher eine restriktivere Handhabung dieser Praxis in Deutschland oder plädieren gar für ein generelles Verbot.

5. Mögliche Alternativen und Kompromissvorschläge

Angesichts der kritischen Haltung vieler Naturschutzorganisationen gegenüber Catch & Release rücken in Deutschland zunehmend alternative Ansätze und pragmatische Kompromisse in den Fokus. Besonders im Zentrum der Diskussion steht die Suche nach Methoden, die sowohl den Schutz der Fischbestände als auch das Tierwohl berücksichtigen.

Umwelt- und tierschonende Alternativen

Statt auf das reine Zurücksetzen von Fischen zu setzen, schlagen einige Organisationen vor, verstärkt auf nachhaltige Bewirtschaftungskonzepte zu setzen. Dazu zählt etwa die gezielte Regulierung des Angelns durch Fangquoten und Schonzeiten, um Überfischung und unnötigen Stress für die Tiere zu vermeiden. Ebenfalls diskutiert wird der Einsatz von besonders schonenden Angelmethoden – zum Beispiel der Verwendung von Haken ohne Widerhaken oder speziellen Abhakmatten, um Verletzungen zu minimieren.

Pragmatische Ansätze im deutschen Kontext

Ein vielversprechender Weg besteht darin, Anglerinnen und Angler gezielt fortzubilden. Bildungskampagnen, wie sie etwa vom Deutschen Angelfischerverband (DAFV) initiiert werden, legen Wert auf einen bewussten Umgang mit der Ressource Fisch und vermitteln Wissen über ökologisch sinnvolle Praktiken am Wasser. Die Zusammenarbeit zwischen Angelvereinen, Behörden und Umweltverbänden schafft zudem Raum für regionale Lösungen, die sowohl die Interessen des Naturschutzes als auch der Anglerschaft einbeziehen.

Fazit: Zwischen Tradition und Verantwortung

Die Debatte um Catch & Release zeigt: Es gibt keine Patentlösung für alle Gewässer und Situationen. Doch durch eine Kombination aus nachhaltigem Management, technischer Innovation und umfassender Aufklärung kann ein Ausgleich geschaffen werden, der den Anforderungen des modernen Naturschutzes ebenso gerecht wird wie dem Wunsch vieler Menschen nach verantwortungsvollem Angeln.

6. Fazit: Aktueller Stand und zukünftige Entwicklungen

Die Debatte um Catch & Release in Deutschland bleibt weiterhin ein sensibles und kontroverses Thema. Naturschutzorganisationen spielen dabei eine zentrale Rolle, indem sie aus naturschutzfachlicher Sicht auf die Risiken und Herausforderungen dieser Praxis hinweisen. Die Zusammenfassung der aktuellen Diskussion zeigt, dass viele Organisationen – darunter der NABU und der BUND – klare Einschränkungen fordern, weil das Zurücksetzen von Fischen aus rein sportlichen Gründen mit dem Tierschutzgesetz kollidieren kann.

Gesetzliche Trends und politische Entwicklungen

In den letzten Jahren haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen kontinuierlich weiterentwickelt. Mehrere Bundesländer haben Regelungen verschärft und einen stärkeren Fokus auf das Tierwohl gelegt. Politisch zeichnet sich ab, dass der Gesetzgeber weiterhin bereit ist, spezifische Vorgaben für die Ausübung des Angelns zu machen. Auch europäische Impulse könnten künftig eine größere Rolle spielen, da der Artenschutz zunehmend grenzübergreifend diskutiert wird.

Die Rolle der Naturschutzorganisationen

Naturschutzverbände werden auch in Zukunft maßgeblich an der Gestaltung neuer Regulierungen beteiligt sein. Sie fungieren nicht nur als kritische Stimme, sondern bringen sich aktiv mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und praxisnahen Vorschlägen in politische Entscheidungsprozesse ein. Dabei setzen sie sich für nachhaltige Bewirtschaftungskonzepte ein, die sowohl ökologische als auch gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen.

Blick in die Zukunft

Es ist zu erwarten, dass Catch & Release weiterhin kritisch begleitet wird – insbesondere dort, wo keine ökologisch begründeten Argumente für das Zurücksetzen vorliegen. Mit einer zunehmenden Sensibilisierung für Tierschutzthemen und wachsendem gesellschaftlichem Druck könnte es zu weiteren gesetzlichen Anpassungen kommen. Die Naturschutzorganisationen werden hier als Korrektiv fungieren und darauf achten, dass Regulierungen nicht nur praktikabel, sondern auch ethisch vertretbar bleiben.